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DER JUNGE UND DER REIHER
von Jelto Claus
„Der Junge und der Reiher“ fängt für einen Ghibli Film typisch an: Hisako Maki, die Mutter des Protagonisten Mahito, stirbt einen Feuertod während eines Bombenangriffes auf Tokio.
Shoichi Maki heiratet darauf Hisakos Schwester, Natsuko, und zieht mit seinem Sohn in ein Anwesen auf dem Land in der Nähe einer Rüstungsfabrik, welche er leitet. Mahito fällt es schwer, sich in seiner neuen Umgebung zurechtzufinden, er träumt vom Tod seiner Mutter, hat keine gute Beziehung zur schwangeren Natsuko und wird von einem seltsamen, sprechendem Graureiher verfolgt. Wie in anderen Filmen von Hayao Miyazaki, wie „Mein Nachbar Totoro“ oder „Chihiros Reise ins Zauberland“ werden Verluste von Elternfiguren und das Verlassen von Heimat durch das Eintreten in eine fantastische Welt verarbeitet. Ein Erfolgskonzept des Studios. Für Ghibli Filme typisch ist das Worldbuilding von „Der Junge und der Reiher“ eher lose. Magiesysteme werden nicht erklärt und auch wenn die Welt offensichtlich eine lange Geschichte hat, wird auf diese nicht eingegangen. Dinge sind einfach, wie sie sind und eine tiefere Einsicht in sie ist auch nicht erwünscht. Es geht vielmehr um die Erfahrungen und zwischenmenschliche Beziehungen der Charaktere sowie die Verarbeitung von Kindheitstraumata. Und das macht der Film auch wirklich gut, „Der Junge und der Reiher“ ist einer der vermutlich schönsten Filme des Studios und verbindet die fantastische Schönheit von „Chihiros Reise ins Zauberland“ mit der Brutalität von „Prinzessin Mononoke“. „Der Junge und der Reiher“ versucht viel, autobiographische und fiktionale Elemente werden vermischt. Miyazaki wuchs in einem zerstörten Japan auf und erlebte dessen Aufbau, auch der Verlust seiner eigenen Mutter wird im Film verarbeitet. Verlust, Zerstörung, Chaos aber auch Wiederaufbau und Versöhnung werden vom Film behandelt. Das ist definitiv interessant, über keinen anderen Ghibli Film habe ich im Nachnhinein noch soviel nachgedacht, das lag aber leider auch daran, dass ich die Story, nachdem ich den Kinosaal verlassen hatte, nicht wirklich verstanden habe. Wer den Film ansatzweise verstehen möchte, sollte bereit sein, zumindest fünfzehn Minuten einer Wikipedia-Recherche zu widmen. Man muss den Film aber nicht ganz verstehen, um ihn zu mögen. Auch als Erlebnis hat der Film viel zu bieten, seine fantasievolle Stimmung und die emotional intensive und vor allem wirklich extrem schöne Animation. Wer Ghibli Filme generell nicht mag, wird „Der Junge und der Reiher“ erst recht nicht gefallen, er treibt den für das Studio typischen Stil auf die Spitze. Als der Film in die Kinos kam, wurde vermutet, dass er der Abschluss von Miyazakis Filmkarriere sein sollte. Mittlerweile wissen wir, dass er am nächsten Projekt arbeitet, „Der Junge und der Reiher“ wäre aber als ghibliester seiner Filme ein würdiges Ende einer beeindrucken Karriere gewesen.
Fotos: wildbunch- germany.de
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