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MIT VERZICHT ZUM RICHTIGEN WEG
von Jasmin Weimer
Vielleicht habt ihr in letzter Zeit mitgekriegt, dass viele eurer Mitschüler zurzeit fasten – sei es zu Ramadan oder dem bevorstehendem Osterfest. Das Fasten hat für viele Menschen eine tiefere Bedeutung als nur der Verzicht auf Nahrungsmittel. Es ist eine tief verwurzelte Tradition in vielen Religionen wie dem Judentum, Christentum, Islam, Buddhismus und Hinduismus. Aber warum fastet man überhaupt und wodurch unterscheidet sich das Fasten in diesen Religionen?
Starten wir mit der Religion, an die viele zuerst denken, wenn sie vom Fasten hören: dem Islam. Ein Grund dafür könnte sein, dass Muslime mit die bekannteste Fastenzeit, den Ramadan, haben. Aber was steckt eigentlich hinter dem Ramadan? Der Ramadan erinnert an die Offenbarung des Korans, durch den Erzengel Gabriel, an den Propheten Mohammed. Dies geschah nach islamischem Glauben im Jahre 610, am 27. Tag des Ramadan. Dieser ist der gesamte 9. Monat des islamischen Kalenders. Der offizielle Beginn des Ramadan hängt regional von der Sichtbarkeit der zunehmenden Mondsichel ab. Er folgt dem kürzeren islamischen Mondjahr und wandert jedes Jahr um zehn bis elf Tage durch das Sonnenjahr zurück, dementsprechend kann er sowohl im Winter als auch im Sommer stattfinden. Während des Ramadan wird von Morgendämmerung bis Sonnenuntergang auf Nahrungsmittel, Rauchen und sexuelle Aktivitäten verzichtet. Die Ziele des Fasten sind, sich selbst geistig zu reinigen, Selbstdisziplin zu üben und das Verhältnis zu Allah zu stärken. Es gibt im Islam auch weniger bekannte Fastenzeiten, wie Ashura. Dieser ist ein empfohlener, aber freiwilliger Fastentag, der sechs Tage nach dem Ramadan im Monat Schawwal stattfindet. Ausgenommen vom Fasten sind Kranke, Schwangere, Reisende, Kinder und alte Menschen.
Statt einer langen Fastenzeit gibt es im Judentum kürzere, aber viele Phasen des Fastens. Das Fasten im Judentum hat mehrere tiefgehende Bedeutungen. Eine davon ist die Teschuva (תשובה), welche übersetzt „Umkehr“ bedeutet und auch als
Rückkehr zu HaShem angesehen wird. Diese wird durch das Fasten intensiviert, denn es hilft dabei, sich zu reflektieren und Reue zu zeigen. Das Fasten ist auch ein Zeichen der Trauer, vor allem an Tagen, an denen an die Zerstörung der Tempel und andere tragische Ereignisse in der jüdischen Geschichte erinnert wird. Das sehen wir mitunter im Tanach, denn David HaMelech (König David) hat auch aus Trauer gefastet, als sein Kind krank war. Es muss aber nicht immer zwingend um Trauer gehen, es kann auch aus Frömmigkeit gefastet werden, z.B. gibt es einen antiken, aschkenasischen Brauch, an dem man am ersten Montag, Donnerstag und dem folgendem Montag der nächsten Woche in den jüdischen Monaten Cheshvan und Iyar fastet. (בה״ב) Dabei ging es aber mehr um eine Art asketische Übung, um sich mehr auf das Studium der Torah zu fokussieren. Grundsätzlich fastet jeder Gesunde, der über dem Alter der Bar/Bat Mitzvah ist. Es wird allgemein zwischen zwei verschiedenen Dauern vom Fasten unterschieden. Es gibt kleinere, an denen man vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang fastet und größere, an denen man vom Sonnenuntergang bis zur Einbruch der Nacht am nächsten Tag fastet. Ein größerer Fastentag ist mitunter Yom Kippur (יום כיפור), an dem die Gedenk- und Bußzeit, neun Tage nach Rosh HaShana (ראש השנה), endet. Es ist ein Tag der Umkehr und Versöhnung mit den Mitmenschen und HaShem. An diesem Tag verzichtet man, abgesehen von Essen und Trinken, auch auf Waschen, Kosmetika, Tragen von Lederschuhen, Musikhören und sexuelle Aktivitäten. Ein anderer dieser Art ist Tisha BeAv (תשע באב) und gilt als traurigster Tag im jüdischem Kalender. Es wird um die Zerstörung des ersten und zweiten Tempel getrauert und ist der Höhepunkt und Abschluss der dreiwöchigen Trauerzeit. Es wird auf die selben Dinge wie auch an Yom Kippur verzichtet, zusätzlich sitzt man aber bis zum Mittag auf keinen hohen Stühlen. Ein kleinerer Fastentag ist z.B. Tzom Gedaliah (צום גדליה), an dem um die Ermordung von Gedaliah, dem Statthalter von Juda nach der Tempelzerstörung getrauert wird. Andere sind Asara BeTevet (עשרה בטבת), der an die Belagerung Jerusalems durch Nebukadnezar II erinnert, Taanit Esther (תענית אסתר), der an das dreitägige Fasten des jüdischen Volkes in der Purim-Geschichte erinnert und Tzom Tammuz (צום תמוז), an dem an den Durchbruch der Mauern Jerusalems vor Zerstörung des zweiten Tempels erinnert wird. Letzterer markiert den Beginn der dreiwöchigen Trauerzeit vor Tisha BeAv.
Die längste Fastenzeit hat das Christentum, mit einer Dauer von vierzig Tagen, die an das Fasten Jesu in der Wüste erinnert. Es ist eine Zeit der Besinnung, Buße und Vorbereitung auf das wichtigste Fest im Christentum, Ostern. Sie beginnt am Aschermittwoch und endet am Karsamstag, dem Tag vor Ostersonntag. Traditionell gelten die Sonntage als Feiertage, daher werden sie nicht mitgezählt. Anzumerken ist hier, dass das christliche Fasten freiwillig und individuell unterschiedlich ist und es weniger um körperlichen Verzicht geht, sondern mehr um Buße, Umkehr, Gebet und innere Reinigung. Viele Menschen verzichten auf Fleisch, Süßigkeiten, Alkohol oder bestimmte Gewohnheiten. Dies soll helfen, sein Verhältnis zu Gott, seinen Mitmenschen und sich selbst zu stärken.
Das Fasten im Buddhismus ist keine Pflicht, sondern dient vor allem der geistigen Disziplin und Reinigung von Körper und Geist. Anders als in anderen Religionen geht es nicht um Buße, sondern um Achtsamkeit, Selbstkontrolle und das Loslassen von weltlichen Begierden. Buddhistische Fasttage werden Uposatha genannt, die je nach Mondkalender ein bis vier Mal im Monat stattfinden. An diesen Tagen beschäftigen sich viele intensiver mit der Lehre und nehmen acht ethische Regeln statt der üblichen fünf auf sich. Manche Gläubige nehmen sich auch freiwillige Fastenzeiten vor, die sie z.B. bei der Meditation ausüben. Die verschiedenen Formen des Fastens sind abhängig von der jeweiligen Tradition und dem individuellem spirituellem Weg. Eine Form ist das Teilfasten, bei der buddhistische Mönche und Nonnen die Regel befolgen, nach der Mittagszeit nichts mehr zu essen. Dementsprechend essen sie also nur am Vormittag. Dies soll die Disziplin fördern und Ablenkung vom spirituellen Leben vermeiden. In bestimmten Richtungen des Buddhismus werden intensivere Fastenformen ausgeübt, die häufig mit speziellen Ritualen oder Meditationen kombiniert werden. In strengeren Phasen wird, abgesehen von Nahrung, auch auf Musik, Schmuck, Vergnügen oder Schlafkomfort verzichtet.
Ähnlich wie im Buddhismus wird das Fasten im Hinduismus, genannt „Upavasa“, auch als Ausdruck der Selbstdisziplin angesehen. Es dient dazu, den Körper zu reinigen, das Ego zu kontrollieren und sich stärker auf das Göttliche zu konzentrieren. Es ist eine Form der Askese (Tapasya) und wird häufig als Opfergabe an die Götter angesehen. Viele Hindus fasten auch zur Verehrung einer Gottheit, für innere Reinheit, Erfüllung von Wünschen oder um Buße zu tun. Die verschiedenen Formen des Fastens variieren je nach Tradition, Region und persönlichem Glauben. Eine davon ist das vollständige Fasten, auch genannt Nirjala, wo vollständig auf Nahrung und Wasser verzichtet wird. Beim teilweisem Fasten (Phalahar) werden nur bestimmte Speisen wie Obst, Milch oder Wasser zu sich genommen. Reis, Getreide oder Salz werden gemieden. Gläubige essen oft nur zu bestimmten Tageszeiten, häufig nach Sonnenuntergang, was ein zeitlich begrenztes Fasten ist. Manchmal beschränkt sich der Verzicht auch nur auf bestimmte Lebensmittel oder Gewohnheiten, wie zum Beispiel Fleisch, Alkohol oder Süßigkeiten. Wichtige hinduistische Fasttage sind unter anderem Ekadashi, welcher der 11. Tag nach Vollmond und Neumond ist und dem Gott Vishnu gewidmet wird. Andere sind Shivaratri, zu Ehren der Göttin Shiva und Navaratri, ein neuntägiges Fasten zu Ehren der Göttin Durga. Häufig fasten Frauen für das Wohlergehen ihrer Ehemänner (Karva Chauth), oder für ein langes Leben ihrer Ehemänner (Vat Purnima). Viele Hindus fasten auch an bestimmten Wochentagen, die bestimmten Gottheiten zugeordnet sind.
Trotz mancher Unterschieden zwischen den Religionen entstammt das Fasten doch einer gemeinsamen Sehnsucht: Die innere Einkehr und die spirituelle Erneuerung.
schlafen.
Fotos: József Szabó, Khamil Szumotalski und Matthew Lancaster auf unsplash.com
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