Öffentlich-rechtliches Fernsehen

GELDNOT UND FINANZPFUSCH: EIN GEBÜHRENKRIMI

Jeder deutsche Haushalt bezahlt 18 Euro und 36 Cent pro Monat an Rundfunkbeiträgen. Auf Deutschland hochgerechnet sind das ganze 9,1 Milliarden Euro. Was müssen die Öffentlich-Rechtlichen dafür leisten?

Um diese Frage zu beantworten, muss man den klar definierten Programmauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kennen. Sie sollen „Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung“ sein und dadurch „die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft“ erfüllen. Konkreter haben sie den Auftrag zur Bildung, sollen Information, Beratung und Unterhaltung bieten und in ihren Sendungen auf Objektivität, Unparteilichkeit und Ausgewogenheit achten.
Bildung und Information machen die öffentlichen-rechtlichen Sender in meinen Augen auch sehr gut. Die Tagesschau ist nicht nur die Nachrichtenquelle mit den besten Vertrauenswerten, sondern auch die größte Nachrichtensendung Deutschlands. Auch abgesehen von der Tagesschau ist das ZDF mit „heute im ZDF“ und dem „heute Journal“ stark aufgestellt. Eine gemeinsame Informationsquelle zu haben, ist für eine Demokratie unersetzlich, insofern erfüllen die Öffentlich-Rechtlichen hier ihre Funktionen. Besonders wenn ich die journalistische Arbeit der Öffentlich-Rechtlichen mit Deutschlands größter Zeitung, der Bild, vergleiche, bin ich sehr dankbar, dass die Nachrichtensendungen, im Gegensatz zu dem größten Printmedium, in öffentlicher Hand liegen. Auch an der Umsetzung des Bildungsauftrags der Öffentlich-Rechtlichen ist wohl recht wenig zu kritisieren, wenn Kritik an ihnen geäußert wird, geht es selten um Dokumentationen. Außerdem ist es gut, dass es mit KiKA ein werbefreies Kinderprogramm gibt, welches nicht aus Kindern Profit schlagen muss.
Das alles ist zwar schön und gut, aber brauchen die Öffentlich-Rechtlichen dafür so viel Geld? Hier ist die Antwort ganz klar: Nein. Und hier liegt auch der Hauptkritikpunkt an den Öffentlich-Rechtlichen. Sie gehen mit ihren finanziellen Mitteln absolut unverantwortlich um. Wie lässt sich sonst erklären, dass Markus Lanz 1,9 Millionen Euro jährlich verdient, kurz gefolgt wird dieser von Horst Lichter, welcher 1,7 Millionen Euro verdient. Oliver Welke von der „Heute Show“ verdient währenddessen nur 1,2 Millionen Euro. Dabei sind sie nicht die einzigen, die bedeutend mehr als der Intendant des ZDF verdienen, welcher mit einem Jahresgehalt von 366.000 Euro auch nicht gerade schlecht dasteht. Zum Vergleich: Der Bundespräsident, das Staatsoberhaupt Deutschlands, verdient lediglich 276.000 Euro jährlich.
Natürlich sind sogar solche horrenden Gehälter bei einem 9,1 Milliarden Budget nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, dennoch stehen sie emblematisch für die Ineffizienz der Öffentlich-Rechtlichen. Für ein System, welches von den Ländern gewünschte Sparmaßnahmen nicht nur ablehnt, sondern eine Verfassungsbeschwerde eingelegt hat. 58 Cent mehr bräuchte es. 58 Cent für was? Noch mehr mittelmäßige Krimis, welche sowieso schon 51% der Sendezeit ausmachen? Der Tatort, der beliebteste Krimi Deutschlands, hat alleine mehr Budget als Funk, das gemeinschaftliche Projekt der ARD, welches für den Großteil der Onlinemedien der Öffentlich-Rechtlichen verantwortlich ist. Dabei ist das Internet mittlerweile nicht nur die wichtigste Nachrichtenquelle, sondern auch das relevanteste Medium Deutschlands. Natürlich sind mittlerweile die Inhalte der Öffentlich-Rechtlichen auch online in deren Streamingdiensten verfügbar. Das bringt aber natürlich nichts, wenn diese Inhalte alle schlecht oder uninteressant sind. Natürlich müssen mich, oder überhaupt Menschen in meinem Alter, nicht alle Inhalte der Öffentlich-Rechtlichen interessieren. Aber dass mich und andere Jugendliche scheinbar im Bereich der Unterhaltung so gut wie gar keine Inhalte dieser Sender interessieren, ist doch nicht normal. Natürlich kommen ab und zu auch gute Inhalte der Öffentlich-Rechtlichen heraus. Der „Tatortreiniger“ und „Babylon Berlin“ sind wohl Paradebeispiele für qualitativ gute Serien dieser Sender. Ob man das als Hinweis darauf sehen möchte, dass es innerhalb der Öffentlich-Rechtlichen tatsächlich Menschen gibt, die eine gewisse Liebe zum Medium Film an den Tag legen, oder einfach als Beweis für das Theorem des unendlich tippenden Affen sehen will, sei dahingestellt. Natürlich reichen zwei gute Serien gegenüber einer Flut an Mittelmäßigkeit nicht aus, um das Unterhaltungsprogramm der Öffentlich-Rechtlichen zu rechtfertigen.

Aber zumindest kann ich diese beiden Serien problemlos online streamen, oder? Nein. Denn als Video-on-Demand dürfen fiktionale Filme und Serien nur für ein Jahr nach der Ausstrahlung verfügbar sein. Aktuell kann man deshalb nur die dritte Staffel von Babylon Berlin in der ARD Mediathek streamen. Staffel 1 und 2 findet man mittlerweile nur noch bei privaten Streaminganbietern. Noch schlimmer ist es mit „Der Tatortreiniger“. Aktuell steht nur noch die dritte Folge der dritten Staffel in der ARD Mediathek zur Verfügung. Dafür kann man die Serie aber mittlerweile auch auf Netflix oder Disney+ gucken, oder natürlich auf ARD Plus, dem kostenpflichtigen Streamingdienst der ARD, welche Inhalte anbietet, die aus lizenzrechtlichen Gründen nicht mehr in der ARD Mediathek angeboten werden dürfen. Und das für nur 4,99 Euro im Monat. Höchstwahrscheinlich gibt es valide, komplizierte und langweilige Gründe dafür, dass die Öffentlich-Rechtlichen ihre Inhalte nur für ein Jahr zum Streaming anbieten dürfen. Ehrlicherweise ist mir das aber auch egal. Diese Serien und Filme wurden durch Einnahmen aus Rundfunkbeiträgen bezahlt, für welche Bürger aufkommen müssen. Die meisten fiktionalen Inhalte, welche mit ihnen produziert werden, sind mittelmäßig bis schlecht und wenden sich fast ausschließlich an ein älteres Publikum. Wenn dann doch mal eine gute Serie herausspringt, verschwindet diese nach einem Jahr aus den Streamingdiensten, dem von Menschen, welche kein Fernsehen gucken, sprich tendenziell jüngeren Menschen, bevorzugtem Medium.
Tragisch am Versagen der öffentlich Rechtlichen im Bereich der Unterhaltung ist das enorme Potential, das diese damit verschwenden. Milliarden an Filmbudgets, an welche keine Profiterwartungen geknüpft sind, könnten Werke von aufstrebenden Regisseuren, für den freien Markt zu kontroverse Filmideen oder aufwendige 2D-Animation finanzieren. Stattdessen werden Krimis und Seifenopern in Masse finanziert, welche sich auf dem freien Markt vermutlich auch selbst tragen könnten. Natürlich darf es solche Inhalte auch in den Öffentlich-Rechtlichen geben. Es scheint aber oft so, als würde es dort nur solche Inhalte geben.
Die schlechte Qualität des Unterhaltungsprogramm schadet den Öffentlich- Rechtlichen aber auch auf andere Art und Weise. Gerade für Rechtsextreme sind öffentlich-rechtliche Medien ein Feindbild. So fordert auch die größte rechtspopulistische Partei Deutschlands, die AfD, eine massive Verkleinerung der Öffentlich-Rechtlichen. Wenn die Öffentlich-Rechtlichen in der Unterhaltung versagen und Geld im großen Maße verschwenden, dann bieten sie Angriffsfläche und gefährden auch ihre wirklich wichtigen Inhalte, wie Nachrichten, welche eine Säule der deutschen Demokratiekultur darstellen. Die AfD hat natürlich Recht, dass es eine Reformation der Öffentlich-Rechtlichen benötigt, jedoch muss diese im Interesse der Allgemeinheit und der Demokratie erfolgen und besonders jungen Menschen in höherem Maße ansprechen.

Fotos: Olena Bohovyk und Glenn Carsten Peters auf unsplash.com

Weitere Artikel dieser Ausgabe findet ihr hier:

Titelthema

Schule

Panorama

Sport

57